3 Tage Venedig

Die Tage von Bassano bis hier in Triest jetzt so ein bisschen im Schnelldurchlauf. Dafür gibt es haufenweise Bilder aus Venedig  unter diesem Blog. Das Ostello Bassano war wie gesagt ein sehr entspannter Ort, die Bewohner allesamt „Gastarbeiter“ aus dem Süden, die es sich hier eingerichtet haben – auch als einziger Gast habe ich aber auf meiner Reise zum ersten Mal einen Abend mit „anderern“ verbracht – was ganz erfrischend war. Hier im besonderen ein aus Napoli abgeordneter Lehrer, Mauro (glaube ich mich zu erinnern) der Wirtschaftswissenschaften studiert hat und so ein bisschen aus einem existentialistischem Schwarz-Weissfilm entsprungen schien. Dramatische Stirn, selbstgedrehte Zigaretten, zuckendes Gebärdenspiel, achtlose Kleidung. Der schoss auf mich zu, sein Gesicht zu einer Grimasse entrückter Verklärung verzogen, den Mund zum Kuss gespitzt: Määäärkäl… Kanzälääär! Vääääri goooode! I lovä Määäärkäääl…..

 

Dann Re-Arrangement der Gesichtszüge: Schaubäääärrrr (gestische Untermalung: Würgen am Hals, Schneiden an der Kehle!)… Schaubärrrr Schaubärrr. (gestische Untermalung: Rollstuhl!) Ahhh: Schäuble. I hate (sprich: hate-ääää) Schaubääärrr! „But why?“ (ich). Greecääää (er) und dann eine Suada, die sich mir nicht erschlossen hat. Welch Tirade. Was für ein bemerkenswertes Engagement…Und welch eigentümlicher italienischer Dialekt? Napolitano? Jedenfalls viel Gestus, viel Würgen, viel angedeutetes in die Ecke spucken, viel Wheelchair-Symbolik, …

 

Mein Nachbar, mit dem ich mich bislang nett unterhalten hatte über das Reisen und Südamerika und Pläne und die liebe weite Welt, ebenfalls Italiener aus dem Süden, schaute eigentümlich angefasst und ein bisschen peinlich berührt. Ich fragte ihn, was Mauro wohl so gesagt hatte – aber er hatte es ebenfalls nicht verstanden - er dachte es sei Englisch gewesen.

 

 

Am nächsten Morgen unterhalte ich mich noch mit dem Personal des Ostellos, ich werde ein bisschen interviewt und ich verspreche einen Text auf meinem Blog, dann radle ich 850 Meter! Richtung Bahnhof und darf mit Hilfe des Personals das Rad über die Gleise auf den Bahnsteig schieben. In Venedig – 70km weiter südlich erwartet mich Gigi, und die Radreise macht eine Pause von 3 Tagen. Stattdessen: Vaporetti, Cappuchini, Tagliatelle, Murano, Gassen und Kanäle, Pracht und Verfall, viel Sonne und viel eisiger Wind. Als fast am Eindrucksvollsten empfand ich die letzte Vaporettofahrt am Sonntag abend – die Touristen hatten die Stadt verlassen, die Gondeln geparkt, die Boote vertäut, die Läden geschlossen, die Lichter in den Fenstern gelöscht, das Wasser glatt und schwarz wie Öl in einer gusseisernen Pfanne. Venedig wirkt auf einmal wie eine Kulisse aus einem düsteren Film – und tatsächlich wohnen hier nur noch 50.000 Venezianer, die meisten Wohnungen sind nur noch als Zweitappartements genutzt bzw. vermietet. Unabhängig davon ist Venedig unglaublich in vielerlei Hinsicht – aber eben auch unglaublich schön und es ist erstaunlich, was die Menschen in diese Lagune gezimmert haben und dem Meer abgetrotzt. Den Rest – bevor das hier pathetisch wird – sollen die Bilder erzählen.

 

Bassano: eine schöne Brücke gibt es und überall ist Markt. Die Berge sind nicht weit aber die Sonne scheint schon ganz italienisch auf die gelben Hausfassaden. Kunst gibt es auch. Das Nashorn aus der Schmiede eines chiesischen Künstlers symbolisiert den Wandel - scheinbar auch bezugnehmend auf das Rhino von Dürer (?) ... im Harten (Spiegelstahl) spiegelt und wandelt sich die Umgebung. So steht das da, .... da schau ich mal rein und kuck wie ich mich wandel.

Venedig: Kanäle Häuser Paläste Brücken bei Tag und bei Nacht - das was man halt so photgraphiert, wenn man in Venedig ist, .... was nur halb stimmt, denn auch hier starren Besucher*innen (!) verzückt in das am Selfiestick befestigte Telefon und filmen sich, wie sie - der Umgebung keine Achtung schenkend - irgendwelche Gassen abschreiten. Vermutlich immerhin wissend, dass es Venedig ist - so stand das im Katalog und dafür haben sie bezahlt....

Ich verkneif mir an dieser Stelle die nahelegenden Stereotypen.

Aber egal wie oft gesehen, egal wie oft fotographiert, egal zu welcher Tageszeit, Jahreszeit und Wetterlage - Venedig ist absolut einmalig.

Die orange Jacke von Rab ist an sich für den Einsatz im Arktischen vorgesehen - hält aber auch auf Venedigs zugigen Vaportti warm. Zum Dank, darf Rab mit am Tisch sitzen, hat aber noch Schwierigkeiten mit der angemessenen Haltung (Coperto: 2 Euro!) Ein bisschen Verfall auch auf der Insel Murano und am Schluss schau ich traurig, weil die 3 Tage schon wieder um sind.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Jo (Dienstag, 05 Februar 2019 17:51)

    Hallo Stefan
    Dein Blog macht mir riesigen Spass. Irgendwie habe ich das Gefühl auf Deinem Lenker zu sitzen und mit durch die Lande zu radeln. Das regt meine Phantasie ziemlich an. Wünsche Dir weiterhin viel Spaß und immer genug Luft im Reifen.
    Ich melde mich wieder :-)

  • #2

    Grayce (Mittwoch, 06 Februar 2019 11:04)

    Beautiful Photos :) Please keep 'em coming!